Weihnachten wird im Domiziel ganz traditionell gefeiert – mit Kirchgang, geschmücktem Tannenbaum und natürlich dürfen auch Geschenke nicht fehlen. Die Erwartungen und die Anspannung sind bei den Jungen im Alter von 11 bis 17 Jahren vor Weihnachten entsprechend groß. „Ab Dezember ist bei uns immer irgendwie Ausnahmezustand. In der Zeit vor Weihnachten sind alle dünnhäutiger, gereizter, schneller gefrustet – nicht nur die Jungs“, so Monnika Breuer, Mitgründerin und -geschäftsführerin der Domiziel gGmbH. Alle wollen natürlich, dass es besonders schön wird, aber in einer Einrichtung wie dem Domiziel bedeutet das auch eine besondere Herausforderung.
Denn hier in Dedenhausen bei Uetze, im Umland von Hannover, haben sieben Jungen in zwei Gruppen in einem geräumigen Fachwerkhaus mit Hof und Nebengebäuden in der „Intensivbetreuung für delinquente Jungs in Verwahrlosungsgefahr“ ein neues Zuhause gefunden. Sie alle haben schon „eine schwierige Geschichte“, so Monnika Breuer. Sie sind bereits früh auf die schiefe Bahn geraten und haben viel Leid erfahren – häufig körperliche und emotionale Vernachlässigung, meist schon ab dem Säuglingsalter. Nicht selten auch körperliche und sexuelle Misshandlung. Das Domiziel ist für sie soetwas wie die letzte Chance, um Entwicklungrückstände auszugleichen, Anschluss in der Schule und somit eine Chance auf ein normales Leben in der Gesellschaft zu bekommen.
Zu Weihnachten kommt im Domiziel jedes Jahr die Frage auf: Wer darf das Fest mit den Eltern zu Hause verbringen? Bei manchen der Jugendlichen stellt sich die Frage tatsächlich nicht, weil sie kein Zuhause im eigentlichen Sinne haben, ihre Eltern überhaupt nicht in der Lage sind, sich zu kümmern. Und die wenigen, die Heiligabend nach Hause können, dürfen das meist nur tagsüber, ohne Übernachtung – denn nicht selten sind in der Vergangenheit die Weihnachtsbesuche bei den Eltern nicht so gut ausgegangen. Bei den Jungen, die zu Hause feiern dürfen, ist die Anspannung besonders groß: Wie wird es diesmal mit den Eltern sein? Wird es gut gehen? Wird es schön, wird es harmonisch werden?
Dieses Jahr gibt es einige Elfjährige, die noch ganz neu im Domiziel sind. Sie bleiben auf alle Fälle an Weihnachten in Dedenhausen. „Die sind sehr postitiv aufgeregt“, erzählt Monnika Breuer. „Zum Teil haben sie einen muslimischen Hintergrund und haben noch nie Weihnachten gefeiert.“ Natürlich bekommt jedes Kind ein Weihnachtsgeschenk vom Domiziel. Doch da einige trotz allem noch weitere Geschenke aus der Familie erhalten, konnten für die anderen Geschenkpaten gewonnen werden, sodass es für alle gerecht zugeht. Und dann berichtet Monnika Breuer noch: „Wir bekommen zunehmend Anfragen von Jugendämtern. Jede Woche erhalten wir zahlreiche Anrufe. Auffällig dabei ist, dass das Alter der Kinder für die angefragt wird, immer mehr sinkt.“ Auf die Unterstützung von Mehr Aktion! kann das Domiziel jedenfalls weiterhin zählen!