Seit 2012 können sich sexuell missbrauchte Mädchen und junge Frauen bei Violetta online Unterstützung holen. Genauso lange schon wird dieses Angebot von Mehr Aktion! finanziert und dadurch ermöglicht. Die Entscheidung für die Online-Beratung el bei Violetta, nachdem festgestellt worden war, dass sich jugendliche Mädchen und junge Frauen zunehmend per E-Mail an Violetta wandten. Es wurde zügig eine sichere Plattform geschaffen, die einen optimalen Datenschutz gewährleistet.
Von rund 300 BesucherInnen wird das Angebot monatlich mittlerweile aufgerufen und zwei bis vier neue Online-Anfragen treffen durchschnittlich pro Monat bei Thurid Bleinroth, Diplom-Pädagogin und zuständig für die Online-Beratung, ein. Anfangs wurde bei Violetta davon ausgegangen, dass das virtuelle Angebot besonders von Mädchen in aktuellen Missbrauchssituationen angefragt werden würde. Das hat sich nicht immer bestätigt. Meistens ist es so, dass sich die Mädchen wegen der Folgen eines sexuellen Missbrauchs in der Kindheit oder einer zurückliegenden sexualisierten Gewalterfahrung bei Violetta melden. Oftmals geht es überhaupt darum, einzuordnen, ob es sich bei dem Erlebten wirklich um sexualisierte Gewalt handelt.
Auch die Erwartung, dass die Online- Beratung eine Überleitung in die persönliche Beratung sein könnte, hat sich nicht bestätigt. Die Frauen und Mädchen suchen bewusst den anonymen, niedrigschwelligen virtuellen Zugang zu Violetta. Anders als in der persönlichen Beratung, sprechen die Ratsuchenden außerdem sehr viel schneller und direkter von erlebten Handlungen und Übergriffen, was am nachfolgenden Beispiel deutlich wird:
Betreff: Lange halte ich das nicht mehr aus!
Hallo, mein Name ist Hanna und ich bin 19 Jahre alt. Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll. Aber in letzter Zeit geht es mir immer schlechter. Ich kann überhaupt nicht mehr schlafen, mich nicht konzentrieren und wenn nicht schnell etwas passiert, habe ich Angst, dass ich meine Prüfungen nicht schaffe. Mit 14 Jahren hat mich mein Freund vergewaltigt. Ich habe nie mit jemandem darüber gesprochen, doch die Bilder gehen mir nicht aus dem Kopf. Damals drohte er mir, meinen Eltern zu erzählen, dass ich Drogen nehme. Mein Stiefvater ist unberechenbar und ich hatte schon immer viel Angst vor ihm. Was soll ich denn machen? Ich brauche Hilfe und zwar schnell!!!!
Danke, Hanna
Die nachfolgende Antwort erfolgt nach dem Vier-Folien-Konzept nach Dodier und Knatz – es wurde speziell für Online-Beratungen entwickelt:
Hallo Hanna,
mein Name ist Thurid Bleinroth und ich bin Mitarbeiterin in der Online-Beratung hier bei Violetta. Wie möchten Sie denn von mir angesprochen werden? Ich bleibe zunächst beim Sie, bis ich von Ihnen eine Antwort bekomme. Schön, dass Sie den Mut gefunden haben, uns zu schreiben. Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie ständig von Bildern überflutet werden und sich schlecht vom Geschehenen distanzieren können? Sie haben schwere sexuelle Gewalt erleben müssen und sind davon traumatisiert. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass das sehr belastend ist und viele Betroffene ähnliche Probleme wie Sie haben. Manchmal kann das Schreiben schon eine große Hilfe sein, weil es die Möglichkeit bietet, Gefühle zu sortieren und sich so von ihnen zu distanzieren. Vielleicht kann der Onlinekontakt für Sie ein Anfang sein, sich erstmals mitzuteilen. Über eine Antwort von Ihnen würde ich mich freuen.
Viele Grüße Thurid Bleinroth