Mehr Aktion! im Domiziel

Über Sport wieder in die Gesellschaft integrieren

Das Domiziel hilft schwierigen Jungen, bei denen bislang andere Maßnahmen nicht fruchteten. Die Einrichtung in Dedenhausen bei Uetze, ca. 45 Kilometer östlich von Hannover, gibt jungen Menschen zwischen 8 und 18 Jahren ein neues Zuhause – das deutet ihr Name bereits an und hat sinnigerweise auch das Ziel im Blickfeld. Das Domiziel leistet sozialpädagogische Intensivbetreuung, Unterricht und Vorbereitung auf das Berufsleben. Es arbeitet ganzheitlich und bietet ein Sportprogramm – ein Novum in diesem Bereich.

Im Domiziel wohnen Jungen, die sich schwer integrieren können. Viele von ihnen haben Bewegungsmangel, Übergewicht, Haltungsschäden, eine mangelhafte Motorik, ADHS. Das Sportangebot nimmt im Domiziel eine zentrale Rolle ein. Mehr Aktion! fragt, wer an dem Angebot teilnimmt. „Alle, nur die ganz neu angekommenen Jungen nicht. Sie müssen erst in die ganze Gruppe integriert werden und im neuen Alltag ankommen“, sagt Bjarne Breuer, Projektmanager und pädagogischer Betreuer im Domiziel. „Allerdings versuchen wir, sie trotzdem relativ zeitig an den Sport heranzuführen. Das ist wichtig für die Gruppendynamik.“ 

Der Sport beinhaltet Athletik, Atemtechnik und viele weitere Einheiten wie beispielsweise Fußball, Tischtennis, Joggen. Zudem ist er in Alltagsabläufe integriert (Basketball und Tischtennis in der Schulpause) und trägt dazu bei, die Konzentrationsfähigkeit im Unterricht zu erhöhen. Ergänzt wird das Angebot durch Meditation, Naturerfahrung, Körperwahrnehmung und gesunde Ernährung.

Warum ist der Sport für die schwer integrierbaren Jungen so wichtig, fragt Mehr Aktion! „Manche Jugendliche, die ins Domiziel kommen, sind an Sport nicht gewohnt“, sagt Bjarne Breuer. „Sie sind in den Bewegungen unsicher, wollen anfangs nicht mitmachen und haben beim Kreisbilden und Mattenauslegen eine Nullbock-Einstellung. Diese Jungs müssen oft erst Selbstvertrauen aufbauen und ihren Körper kennenlernen“, so Breuer. Mit der Zeit werde dies aber meist besser und sie übernähmen mehr Verantwortung für den gemeinsamen Start. Sport sei wichtig, weil er dem Einzelnen helfe, überschüssige Energien abzubauen, aktiver zu werden und mehr auf seine Mitmenschen zu achten. 

Ein Fallbeispiel zeigt, was das Domiziel so besonders macht: Unter den Teilnehmern war ein grobmotorischer Junge, der am Anfang nichts mitmachen wollte. Wenn für ihn etwas nicht gut lief, war er beleidigt. Er musste erst einmal seine eigene Körperkraft kennenlernen und erfahren, was er zum Beispiel beim Werfen leisten kann. Schleichend setzte eine Änderung ein und es wuchs die Erkenntnis „Ich kann etwas“. Das weckte sein Interesse, und immer öfter war er der erste Junge, wenn es darum ging, Sport zu treiben. Tischtennis war eine seiner liebsten Sportarten. Da bekundete er Interesse, in einem Verein zu spielen. Jetzt ist er Mitglied im Verein. Diese Entwicklung zeigt: über Sport kann ein Außenseiter, bei dem viele Einrichtungen nicht weiterhelfen konnten, erfolgreich in die Gesellschaft integriert werden. Die Erfahrung „Ich bin wie alle Jugendlichen und Teil der Gesellschaft“ ist ein gutes Beispiel für erfolgreiche Reintegration. Diesen Ansatz gibt es sonst nirgendwo in der Jugendhilfe. Daher möchte Mehr Aktion! das Domiziel weiter unterstützen und das Projekt in regelfinanzierte Bahnen lenken.