Mehr Aktion! im TrauerZentrum

Trauerarbeit in Zeiten von Corona

Der Tod eines nahestehenden Angehörigen, insbesondere, wenn es sich dabei um Vater oder Mutter handelt, erschüttert das Leben des betroffenen Kindes oder Jugendlichen zutiefst. Der verbliebene Elternteil, selbst in Trauer und durch die Gesamtsituation oft überfordert, kann die Trauer des Kindes nicht auffangen. In Hildesheim bietet daher das TrauerZentrum Kindern, Jugendlichen und Familien einen geschützten Rahmen und Begleitung durch Fachkräfte in dieser schweren Zeit. Mehr Aktion! ist bereits seit 2016 Hauptunterstützer des TrauerZentrums. So kann die Begleitung der trauernden Familien für diese kostenlos bleiben. Das ist wichtig, weil auf die Hinterbliebenen zusätzlich oft große finanzielle Probleme zukommen. Nicht selten muss der verbleibende Elternteil, alleinerziehend und verwitwet, gegen den sozialen Abstieg kämpfen. 

Nach Ostern 2020 berichteten wir, dass aufgrund der Corona-Lage das TrauerZentrum seine Gruppenangebote aussetzen musste. Alle Familien hatten die Nachricht erhalten, dass sie sich im Bedarfsfall melden sollten, damit nach individuellen Begleitmöglichkeiten geschaut werden konnte. Leider war es aufgrund der Pandemie ebenfalls nicht möglich gewesen, spezielle Angebote für Jugendliche ab 14 umzusetzen. Geplant waren ein Trauerwochenende, an dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des TrauerZentrums mit diesen gemeinsam wegfahren sollten sowie das offene Angebot eines Trauercafés bzw. einer Trauerbar, das den Jugendlichen ermöglichen sollte, vergleichsweise spontan Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sobald die Pandemie-Lage es erlaubt, soll dies nachgeholt werden.

„2021 war für uns ein spannendes Jahr! Unsere Kindertrauergruppe 1 (für Kinder im Alter von drei bis sechs) war konzeptionell zeitlich nicht festgelegt. Die Kinder blieben so lange, wie es sich für sie richtig anfühlte“, berichtet die Sozialpädagogin und Leiterin des Trauerzentrums, Rebekka Ernst. „Immer wieder war es so, dass mehrere Gruppenmitglieder, die in der Zeit der Begleitung eng zusammengewachsen sind, sich dann auch gemeinsam aus der Gruppe verabschiedeten. So waren zu Beginn des Jahres viele Verabschiedungen, weil Kinder in ihrer Trauer so gewachsen sind, dass sie sich die weitere Bewältigung ohne uns zutrauten.“ Dadurch wurden Neuaufnahmen in die Kindertrauergruppe möglich.

Die zwölf Kinder der neuen Gruppe „haben dieses Jahr beispielsweise eine Erinnerungskiste gebastelt, einen Brief an die verstorbene Person geschrieben, ihre Ängste verbrannt, Kerzen gegossen und eine Bedienungsanleitung für den Umgang mit Trauernden geschrieben“, erklärt Rebekka Ernst weiter. „Aufgrund der Corona-Pandemie haben wir uns inzwischen so aufgestellt, dass wir alle Angebote, je nach Situation, auch online anbieten können. Aktuell arbeiten wir mit der 3G-Regel“, ergänzte sie. Prägend für das Corona-Jahr 2021 waren im TrauerZentrum auch mehrere Einzelbegleitungen von Kindern, Jugendlichen und Familien. „Besonders intensiv begleiten wir eine Mutter, die mit zwei Kleinkindern und schwanger ganz plötzlich ihren Mann verloren hat. Wir sind froh und dankbar diese wichtige Arbeit mit einem hochmotivierten und inzwischen konstanten Team leisten zu können.“ 

Ausbildung zum Trauerbegleiter

Bericht von Julius Schwerthelm, Erziehungswissenschaftler (B. A.) und Mitarbeiter des TrauerZentrums über seine Ausbildung zum Trauerbegleiter:

Die Ausbildung zum Trauerbegleiter umfasst einen 100-stündigen Kurs, der sich an zwölf Terminen mit dem Thema Trauer und dem Umgang mit betroffenen Personen beschäftigt. Zu Beginn der Ausbildung haben wir uns zunächst mit eigenen Trauer- und Verlusterfahrungen auseinandergesetzt, um uns dann im folgenden Trauertheorie, Trauerprozesse und deren Verläufe anzuschauen. Ebenso haben wir Gesprächsführung und die Rolle und Aufgabe des Trauerbegleiters thematisiert wie auch die Bedeutung von Schuld und Vergebung im Kontext von Trauer. Folgende Themen stehen noch auf der Agenda: Die Vertiefung von Gesprächsführung in Form von Erstgesprächen, die Trauer von Kindern, von Eltern und Geschwistern. Sowie die Rolle von Spiritualität in Verbindung mit Trauern, Sterben und Begleiten.

Für mich persönlich kann ich sagen, dass sich mein Blick auf Tod und Trauer durch diese Ausbildung verändert und ich mich sicherer im Umgang mit Hinterbliebenen fühle. Trauer ist eine natürliche und sehr gesunde Reaktion auf einen Verlust und jeder Mensch trauert anders. Natürlich ist es immer noch ein schwieriges, emotional aufgeladenes Thema. Aber die Ausbildung zum Trauerbegleiter gibt mir ein grundlegendes Handwerkszeug, um Trauernde gut durch eine schwierige Zeit zu begleiten und damit zu unterstützen. Gerade im Kontext des TrauerZentrums und der Kindergruppe hilft es, die einzelnen Trauerreaktionen zu kennen und zu verstehen. Ebenso, dass Trauer ein Prozess ist, der nicht von heute auf morgen beendet werden kann und auch Monate oder Jahre später noch eine wichtige Rolle spielen kann und seinen Raum braucht.