Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es das in Deutschland noch nie, dass Einrichtungen für Kinder und Jugendliche geschlossen werden mussten. Doch wie andere offene Einrichtungen auch, musste der Kindertreff „Kiefernpfad“ des Verbands Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder e. V. (VCP Hannover) im ersten Corona-Lockdown vergangenes Jahr zwei Monate lang die Türen schließen. Wir berichteten bereits über das „Haus Nummer 1“ in der Siedlung Kiefernpfad im Sahlkamp, in der nach wie vor überdurchschnittlich große Kinderarmut herrscht und der Mangel an Chancen und Perspektiven in der Pandemie noch deutlicher sichtbar wurde. Unter normalen Umständen ist der Treffpunkt an vier Tagen der Woche von 12:00 Uhr bis 17:00 Uhr für Kinder im Alter von sechs bis dreizehn Jahren geöffnet. Angeboten werden dann eine frisch zubereitete warme Mahlzeit, Hausaufgabenbetreuung und verschiedene Möglichkeiten der Freizeitgestaltung.
Während des ersten Lockdowns 2020 suchten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Wege, um mit den Kindern und Jugendlichen in Kontakt zu bleiben und ihnen weiter Angebote machen zu können. Das war in dieser Zeit enorm wichtig. Das Küchenfenster des Hauses wurde zum Kiosk umfunktioniert. Hier wurde der Kontakt gehalten, kurz geredet, Spiele wurden herausgereicht. Außerdem gab es weitere Angebot, wie beispielsweise eine Schnitzeljagd, die sich ohne engen Kontakt im Freien durchführen ließen. Auch Briefe wurden an die Kinder verschickt, doch da einige Kinder noch nicht so gut lesen und schreiben können, verlief diese Idee im Sande. Digitale Projekte sowie Online-Hausaufgabenhilfe wurden seitens der Kinder nicht gut angenommen. Denn der Kiefernpfad, so einige Kinder, sollte so bleiben wie er war: Ein Treffpunkt im richtigen Leben und ein Ort, an dem man zusammenkommen kann, spielen, miteinander sein. So wie beispielsweise bei den Ferienprogrammen im Sommer 2020 und an Ostern und Pfingsten 2021: Hier konnten die Kinder gemeinsam einen Bauwagen bemalen, am Lagerfeuer sitzen und in Gruppen spielen – alles draußen und unter Berücksichtigung der Corona-Regeln. Es wurde die Anzahl der Kinder begrenzt, die sich gemeinsam an einem Platz aufhalten durften. Die Wege sind gekennzeichnet, Regeln sind gesetzt und hängen gut sichtbar und verständlich aus.
Inzwischen hat der Kiefernpfad wieder regulär geöffnet. Auffällig, aber nicht überraschend ist, dass es zwischen den Kindern nun häufiger zu Konflikten kommt, dass das Aggressivitätslevel höher geworden ist, gelernte Regeln des Hauses vergessen wurden und nun neu gelernt werden müssen. Kein Wunder: Beinahe ein Jahr lang konnten die Kinder und Jugendlichen während der Pandemie nicht oder kaum im Haus Nr. 1 sein. Neu ist, dass sich sogar Eltern beim Kindertreff „Kiefernpfad“ melden und fragen, ob ihre Kinder dorthin kommen dürfen – ein deutlicher Spiegel der beengten Wohnverhältnisse im Quartier, teilweise mit vier bis fünf Kindern und der stärkeren Belastung aufgrund der Corona-Pandemie und ihrer Begleiterscheinungen. Auch die Voraussetzungen für Homeschooling fehlten oft – sowohl technisch als auch seitens der Deutschkenntnisse oder Bildungsvoraussetzungen der Eltern. Schnell wird klar, dass die offene Kinder- und Jugendarbeit aufgrund der zu erwartenden Folgeschäden bei der sogenannten „Corona-Generation“ noch wichtiger werden wird. Es bleibt zu hoffen, dass die öffentliche Finanzierung dem Rechnung tragen wird, bevor es zu spät ist.
Information und Kontakt:
VCP Bezirk Hannover e.V.
Vanessa Jünger
Tel. (Kiefernpfad) 0511 6041607
Tel. (VCP-Zentrale) 0511 70901-13
kiefernpfad@vcphannover.de