Es ist nicht so, dass die Grundschule unterm Regenbogen in Schmedenstedt (Peine) in besonderem Maße von Gewalt betroffen wäre. Doch die Vorstellung, dass auf dem Schulhof einer ländlichen Grundschule immer nur Harmonie und eitel Sonnenschein herrschen würde, ist auch ein Märchen. Schon möglich, dass Kinder in städtischen Ballungsgebieten noch ganz anderen Herausforderungen begegnen, aber auch in Schulen auf dem Land gibt es Konflikte, Provokationen, Beleidigungen, Hänseleien, Ausgrenzen, Mobbing und Handgreiflichkeiten. Und es gibt die Kinder, die gelernt haben, sich durchzusetzen und andere, die schüchtern oder ängstlich im Abseits bleiben oder eben Aggressionen erleiden. Das hat es immer und überall gegeben und gibt es auch heute, auch auf dem Land. Und seit zwei Jahren sind alle, auch und gerade an den Schulen, durch Corona zusätzlichen Belastungen ausgesetzt. Viele Kinder, aber auch Lehrerinnen und Lehrer sowie Eltern, sind angespannter als sonst. Es gibt viel Frust bei allen – und bei den Kindern entlädt er sich dann schon mal im Unterricht, auf dem Schulhof oder Schulweg.
Ein idealer Zeitpunkt für ein professionelles Sozialtraining mit Schülerinnen und Schülern: Das Angebot des Vereins !Respect e. V. aus Hannover ist darauf ausgelegt mit den Schülerinnen und Schülern zu üben, Streit zu vermeiden und einander respektvoll zu begegnen. In der Schmedenstädter Grundschule unterm Regenbogen hat man den Schritt gewagt – finanziell unterstützt auch von Mehr Aktion!. Die !Respect-Coaches starteten als erstes damit, den Kindern zu vermitteln, wie man Konflikte gewaltfrei löst. „Das Besondere an diesem Projekt ist die Einbeziehung aller Beteiligten: Natürlich die Kinder und Lehrer, aber auch die Schulsozialarbeiter und Eltern sind dabei“, berichtete Schulleiterin Andrea Eisenhardt im November dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Bei dem Programm gehe es vor allem um Respekt, Emotionen, Empathie und Miteinander sowie um Alternativen der Konfliktbewältigung, heißt es dort weiter. Und damit nicht nur die Kinder einheitliche Regeln haben, werden auch die Eltern einbezogen, „denn die Kinder brauchen eine Verlässlichkeit auch außerhalb der Schule“, betonte Eisenhardt.
Los geht‘s beispielsweise mit dem Friesengruß: alle Kinder sitzen zusammen mit dem !Respect-Coach mit angewinkelten Beinen auf dem Boden im Kreis und stampfen viermal auf, klatschen viermal auf die Knie, winken dann und rufen „Moin, moin, moin, moin“. Klingt einfach, ist es auch. Entscheidend dabei ist, dass es als Ritual etabliert wird, denn Rituale verbinden und schaffen Vertrauen. Weiter geht es mit „Gefühle raten“ oder dem „Stopp-und-Nein-Kreis“. Hier lernen die Kinder den „Skateboard-Stand“ (mit festem Stand), den „Reißverschluss“ (der Brustkorb wird leicht angehoben) und den „Laser-Blick“ (entschlossen nach vorn schauen). Wer sich so aufstellt, fühlt sich gleich selbstbewusster und wirkt auch so. Wichtig ist auch, dass die Kinder benennen können, was sie nicht möchten bzw. was ein anderes Kind unterlassen soll. Mit dem !Respect-Coach werden bestimmte Phrasen immer wieder wiederholt. Um die Aussagen zu bekräftigen, halten die Kinder eine Hand mit gespreizten Fingern wie eine Abgrenzung vor ihren Körper oder drücken beide Hände zum Boden – zeigen ihre „Matsch-Hände“. Erstklässler Elias berichtet erstaunt: Ich dachte man soll sich wehren. Aber jetzt sollen wir erst mal miteinander sprechen.“ Sophia aus der Parallelklasse erzählt: „Mir hat es gut gefallen. Ich muss geradestehen und sagen, dass der andere aufhören soll.“ Am Schluss wird wieder im Kreis sitzend gestampft, geklatscht und dann heißt es „Tschüss, tschüss, tschüss, tschüss“ – bis zum nächsten !Respect-Training.