„Die Waldführung startete mit einer schwierigen Aufgabe: Ohne zu reden, gingen wir die ersten Meter bis zur Lichtung und lauschten den Geräuschen“, erzählt Birgit Schlaphoff, Lehrerin der Hans-Böckler-Schule in Neustadt am Rübenberge. „Das war gleich das erste tolle Erlebnis im Wald, da die Kinder bewusst ihre Umgebung wahrnahmen und vielfältige Naturgeräusche wie Vogelstimmen, Insektensummen und das Rauschen der Bäume erkannten.“ Den Wald mit allen Sinnen erleben, beobachten, hören, riechen und fühlen – das stand für die drei dritten Klassen der Hans-Böckler-Schule bei ihren Waldführungen im Vordergrund. Insgesamt 50 Kinder der Grundschule nahmen vom 15. bis 17. April an dem Projekt des Waldpädagogikzentrums (WPZ) Hannover-Hildesheim teil – einer außerschulischen Bildungseinrichtung der Niedersächsischen Landesforsten. Das WPZ bietet für Kinder- und Jugendgruppen bzw. Kitas/Schulen ein umfassendes Programm, den Wald für einige Stunden oder Tage zu erleben. Alle WPZ zusammen sind zudem anerkannter außerschulischer Lernort.
Die dreistündigen Waldführungen für die Hans-Böckler-Schule – auch ermöglicht durch die Finanzspritze von Mehr Aktion! – fanden im Forst Klostertannen bei Mariensee nördlich von Neustadt statt. Im Sachunterricht haben die dritten Klassen das Thema Wald behandelt, etwa die Waldarten, die Namen der Bäume und die Funktionen des Waldes. Die Hans-Böckler-Schule möchte diese Curriculum-Inhalte um Praktisches ergänzen, den Kindern intensive Walderlebnisse, Spiele und anschauliche Lerninhalte direkt in der Natur ermöglichen und buchte deshalb die Angebote des WPZ. Seit Jahren nimmt Sie mir ihren Klassen an den Projekten des WPZ teil.
Ute Voges, selbstständige zertifizierte Waldpädagogin für das WPZ, sprach von der Bedeutung der Stockwerke des Waldes. Die Pflanzen wachsen in bis zu fünf Schichten oder Etagen, abhängig von dem unterschiedlichen Lichteinfall der Sonne. Die Kinder sammelten Pflanzen, erfuhren ihre Namen oder ihre Besonderheiten, z. B. wie die Knoblauchrauke riecht. Sie ordneten ihre Fundobjekte den Schichten zu, indem sie sie auf in verschiedenen Höhen gespannte Wäscheleinen platzierten, die die einzelnen Stockwerke (Wurzelschicht = Keller, Bodenschicht = Erdgeschoss, Krautschicht = 1. Stock, Strauchschicht = 2. Stock, Baumschicht = Dach) darstellten. Natürlich ging es auch um Tiere, z. B. den Eichelhäher, der in allen Stockwerken lebt. „Wisst ihr, wie er sein Gefieder von Parasiten befreit?“, fragt Ute Voges. „Im Ameisenhaufen!“ Bei dieser Antwort ging ein Raunen durch die Gruppe. Und wie die Eichelhäher es tun, versteckte jedes Kind anschließend fünf Eicheln. Am Ende des Waldtages sollten die Kinder sie suchen. Nur ein Kind pro Klasse schaffte es, alle wiederzufinden. „Was passiert mit den restlichen Eicheln, die nicht gefunden werden?“, fragte die Waldpädagogin. „Die werden von anderen Tieren gefressen“ oder „daraus wächst eine neue Eiche“, antworteten die Kinder.
„Ich liebe den Wald“, sagte Ute Voges zu den Kindern. „Der Wald ist ein Lebensraum, den jeder kennen und lieben lernen sollte, der aber auch be- und geschützt werden muss. Nur wer die Bedeutung des Waldes, das Ökosystem Wald als Ganzes versteht, kann eine Beziehung zu ihm aufbauen und ihn bewahren.“ Der Waldtag bot den Klassen abwechslungsreiche Bewegungsspiele, Geschichten, Kunstaktionen und ein Märchen über die Douglasie. Die Kinder richteten fantasievoll einen „Obstsalat“ aus Baumzweigen und Zapfen an … sie beobachteten, pflückten, sammelten und gestalteten. „Der Waldausflug war erlebnisreich und wunderschön“ berichtet Birgit Schlaphoff. „Das haben wir auch der Waldpädagogin zu verdanken, die ganz nah bei den Kindern war und auf individuelle Bedürfnisse einging.“