Ganzheitliche Sportstunden im Domiziel: Interview mit Thomas Pape, Trainer

Methodenkoffer für ein späteres Leben

Das Domiziel in Dedenhausen/Uetze, Region Hannover, kümmert sich um „schwierige“ Jungen, bei denen vorher keine Hilfsmaßnahme erfolgreich war. In Dedenhausen finden die Jungs im Alter von 8 bis 16 Jahren ein neues Zuhause. Das Domiziel leistet sozialpädagogische Intensivbetreuung, Unterricht sowie Vorbereitung für das Berufsleben. Neu seit Juni 2022 ist das ganzheitliche Sportprogramm, um Fitness, Gesundheit und Gefühlsleben wieder in Balance zu bringen. Thomas Pape, Sport- und Gesundheitstrainer im Domiziel, will sein Angebot noch weiter ausbauen. Dieses ist in seinem Umfeld einzigartig – ein guter Grund für Mehr Aktion!, es weiterhin zu unterstützen.

Mehr Aktion!: Herr Pape, warum ist sportlicher Ausgleich für Ihre Jungs so wichtig?

Thomas Pape: Nicht nur für unsere Jungs, nein, allgemein ist es sinnvoll, wenn Kinder früh anfangen Sport zu machen, weil es zwischen Inaktivität und späteren Erkrankungen wie z.B. Herzerkrankungen oder Diabetes große Zusammenhänge gibt. Das zeigen viele Studien. Motorische Fähigkeiten die im frühen Kindesalter nicht erlernt werden, können im Erwachsenenalter kaum noch angeeignet werden. Sich bewegen hat einen Einfluss auf die spätere Fähigkeit, Sport zu treiben. Was unsere Jugendlichen anbetrifft: Hier wirkt sich mein Training auf viele Faktoren aus: z.B. auf das Einhalten von Regeln in der Gruppe, ein Gefühl für den Körper entwickeln, Aggressionen abbauen oder mentale Stärke erlangen, indem sie an die körperliche Belastungsgrenze gehen.

Welche positiven Effekte haben Sie nach den ersten Monaten Sport feststellen können?

Es hat sich vor allem gezeigt, dass viele der Jungs ein besseres Körpergefühl bekommen haben. Das sieht man etwa, wenn neue Jungen hinzukommen, die z.B. beim Laufen eher Koordinationsprobleme haben als die trainierten Kinder. Und auch die Körperspannung ist eine ganz andere, etwa beim Unterarmstütz bewusst die Rumpfmuskulatur aktivieren – vereinfacht ausgedrückt: die Jungs haben gelernt, ihren Körper zu kontrollieren bzw. zu koordinieren, sich natürlich zu bewegen, z.B. sicher auf einem Bein stehen.

Sie möchten Ihr Angebot ausbauen und etablieren. Was planen Sie, welche Visionen möchten Sie umsetzen?

Mir geht es um ein ganzheitliches Programm für Jugendliche, das mehr als nur Sport ist. Dies basiert auf fünf Säulen: Schlaf, Ernährung, Training, Atmung und der Einfluss von Kälte auf Körper, Geist und Seele. Hier möchte ich aufklären, wie die Säulen sich auswirken, z.B. was passiert, wenn ich ein schlechtes Schlafverhalten habe. Oder Kälte – diese reguliert den Dopaminhaushalt, wirkt sich positiv auf unsere Motivation aus. Richtig atmen, das kann ich gut beim Training einbauen. Aber bei zwei Stunden Training fehlt natürlich die Zeit, um alle Säulen zu vertiefen. Daher möchte ich das Angebot auf vier Stunden ausbauen. Bei den fünf Säulen steht im Fokus, Mitochondrien, d.h. Zellkraftwerke zu produzieren. Diese sind für unsere Energieproduktion zuständig. Habe ich mehr Energie, bin ich lebensfroher, leistungsfähiger … Die Jungs erhalten somit für ihr späteres Leben einen Methodenkoffer, um zu wissen, was sie tun müssen, damit es ihnen gut geht. Das ist mein Ziel!

Was ist das Besondere an Ihrem Angebot?

So ein ganzheitliches Angebot ist im Umfeld vergleichbarer Einrichtungen rar – ohne, dass ich jetzt alle Einrichtungen kenne. Dabei ist unser Konzept kein Hexenwerk, eigentlich ist es das Normalste der Welt … aber es wird halt vergessen. Unterbreite ich ein Sportangebot für Kinder, hilft das allein nicht, um die Gesundheit zu fördern, weil eben auch richtige Ernährung oder Schlafhygiene zum Puzzle dazugehören. Alle Faktoren bzw. Säulen zu berücksichtigen und in Balance zu halten – das ist das Besondere an unserem Konzept, und das habe ich so weder im Leistungssport noch bei Einrichtungen gesehen.