Das Kinder- und Jugendkrankenhaus AUF DER BULT in Hannover leistet Palliativarbeit für junge Patienten mit lebensverkürzenden Erkrankungen. Neben der medizinischen Akutversorgung betreut das Palliative Care Team die Betroffenen rund um Körper, Geist und Seele. Doch Schwererkrankte und deren Familien zu begleiten, Trauer- und Krisenbewältigung zu leisten – das lässt sich nicht nebenbei erledigen. Es erfordert Empathie und vor allem Zeit. Unterstützt durch Mehr Aktion!, hat „die Bult“ daher eine neue Stelle für eine psychologische Fachkraft in der Palliativversorgung installiert und besetzt: Carolin Anders, Diplom Psychologin/Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin ist „die Neue“. Mehr Aktion! hat mit ihr gesprochen.
Mehr Aktion!: Frau Anders, seit wann arbeiten Sie im Palliativteam und wie hat sich der Wechsel ergeben?
Carolin Anders: Ich habe am 1. November im Palliativteam angefangen. Mit einem Stellenanteil von 0,2 – nur verteilt sich dieser Tag pro Woche ganz nach Bedarf auf die gesamte Woche, z.B. für Visiten in der Palliativversorgung uvm. Das ist möglich, weil ich mit dem restlichen Zeitkontingent schon seit 2016 im Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) arbeite, welches ja auch zum Kinder- und Jugendkrankenhaus gehört. Im Rahmen dieser Arbeit und einem anderen spendenfinanzierten Projekt, nämlich der Krisenintervention, habe ich Palliativ-Patienten und ihre Familien bereits begleitet und schätzen gelernt. Dabei bin ich natürlich auch mit den Ärzten aus dem Palliativteam in Kontakt gekommen, und es entstand die Idee, dass ich bei freiwerdenden Ressourcen meine Fähigkeiten als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin im Palliativbereich einbringen könnte.
Was sind dort Ihre Aufgaben – auch im Unterschied zu den Teamkolleginnen und -kollegen?
Es ist ja bei der Palliativarbeit wichtig, dass die Teams interdisziplinär angelegt sind. So besteht unser multidisziplinäres Team aus ärztlichen und therapeutischen Fachkräften. Meine Aufgabe besteht darin, die Patienten und Familien psychologisch zu begleiten, und zwar in dem, was sie gerade benötigen und wünschen. Dazu führe ich z.B. mit den einzelnen Kindern oder Jugendlichen Gespräche, aber auch mit deren Geschwistern, Eltern oder anderen Bezugspersonen. Entscheidend ist, dass ich für alle da bin, sie in ihrem Trauer- oder Krankheitsbewältigungsprozess unterstütze. In der Palliativarbeit haben wir es ja nicht immer mit einem akuten Sterbeprozess zu tun, sondern wir betreuen chronisch schwer Erkrankte oft über einen längeren Zeitraum hinweg. Dabei geht es oft um die Themen Lebensqualität, Annahme der Krankheit und der Umgang damit. Oder die Fragen „Wie kommuniziere ich meine Krankheit?“, „Was macht mir noch Spaß und wie kann ich das umsetzen?“, und bei den Eltern „Wie kann ich mein Kind gut unterstützen?“ oder „Wie kann ich auf mich selbst aufpassen, dass ich genug Kraft habe, das durchzuhalten?“
Warum war es für den Palliativbereich so wichtig, eine Stelle als psychologische Fachkraft einzurichten?
Ich glaube, für die Familien, d.h. die erkrankten Kinder und Jugendlichen insbesondere, aber auch für die Angehörigen, ist es sehr wichtig, dass da Menschen sind, die die Zeit haben, da zu sein, die mit aushalten, die begleiten. Oder die ihnen auch neue oder andere Impulse geben, mit dieser belastenden Situation umzugehen. Entscheidend ist aber auch, mit den Familien gemeinsam darauf zu schauen, was können wir tun, um das langfristig gut auszuhalten, welches sind unsere Ressourcen und was können wir tun, was uns guttut oder hilft. Es ist ja vor allem das Thema Zeit, das im Gesundheitskontext häufig einen begrenzenden Faktor darstellt und Stress macht … wenn wir für die betroffenen Familien bei diesen Themen ein Angebot haben, das den Druck rausnimmt, ist das sehr wertvoll.
Und unabhängig von meiner Person, ist es gut, wenn noch mal jemand aus einem anderen (nicht medizinischen) Blickwinkel auf die Problematik schaut – das macht für die Betroffenen oft einen Unterschied.
Was sind Ihre Ziele für die Palliativarbeit auf der Bult – und wie können Sie diese umsetzen?
In erster Linie geht es darum, den Familien ein Angebot zu machen, die Belastung etwas besser zu ertragen. Das bedeutet, mit den Betroffenen Möglichkeiten zu finden, wie sie Entlastung erfahren können, wie sie mit der Situation gesund umgehen oder ihre Kräfte gut einteilen, ihre Familie und ihr Kind weiterhin gut begleiten können. Hier hoffe ich, dass ich helfen und Anstöße geben kann. Ich möchte gemeinsam mit den jeweiligen Kindern oder Jugendlichen Ideen entwickeln, wie sie mit ihrer schwierigen Situation umgehen können und Dinge finden, die ihre Lebensqualität verbessern. Bislang fehlte hierfür einfach das Personal. Die anderen aus dem Team sind zwar auch darin geschult, doch ist es nicht deren primäre Aufgabe. Insofern sind wir alle sehr dankbar, dass diese wichtige Stelle eingerichtet werden konnte.