Mehr Aktion! im TrauerZentrum

Kinder trauern anders

Die meisten Menschen begegnen dem Tod im engsten Familien- oder Freundeskreis erst, wenn sie alt genug sind, um verstehen zu können, was passiert. Und selbst dann ist die Trauer um einen nahestehenden, geliebten Menschen eine emotionale Erfahrung, die einen mit unerwarteter Wucht überwältigen kann und deren Macht man sich kaum zu entziehen vermag.

Das ist eine natürliche Reaktion auf Verlust, bei der jeder Mensch seine ganz eigene Art findet, damit umzugehen. Erwachsene durchlaufen in ihrer Trauer bestimmte Phasen. Kinder hingegen trauern anders. Sie „springen“ in Sekundenschnelle in ihre Trauer, um sie im nächsten Augenblick scheinbar wieder zu vergessen.  „Pfützentrauer“ nennt man das. Jüngere Kinder verstehen dabei auch noch gar nicht wirklich, was Tod bedeutet und wie endgültig der Verlust ist. Älteren Kindern hingegen ist in gewisser Weise die Bedeutung des Todes klar, doch glauben sie häufig, an dem Versterben des geliebten Menschen in irgendeiner Weise schuld zu sein. 

Der Tod eines nahen Angehörigen wie beispielsweise Mutter oder Vater ist eine Erfahrung, die Kinder und Jugendliche in ihren Grundfesten erschüttert. Der verbliebene Elternteil, selbst in Trauer und durch die veränderte Situation nicht selten überfordert, ist dann oftmals als einziger Ansprechpartner nicht ausreichend. Das TrauerZentrum in Hildesheim bietet daher Kindern, Jugendlichen und Familien einen geschützten Rahmen für ihre Trauer. Hier können sie sich unter fachlicher Begleitung über belastende Erlebnisse austauschen und werden im eigenen Tempo, behutsam und rücksichtsvoll, von zehn haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern begleitet. Gefühle wie Wut, Traurigkeit, Angst, Hilflosigkeit finden hier genauso Raum wie Lachen und Fröhlichkeit. Die Kinder und Jugendlichen erfahren zudem im Kontakt mit Gleichaltrigen, dass sie mit dem eigenen Leid nicht allein sind, dass andere ähnliches durchmachen. Neben den festen Ritualen in ihrer Trauergruppe gibt es für sie auch strukturierte Angebote zu unterschiedlichen Themen der Trauer. Sie können sich dann, je nach momentaner Stimmung, für ein Angebot entscheiden oder einfach frei spielen. 

TrauerZentrum

Bereits seit 2016 unterstützt Mehr Aktion! das TrauerZentrum. Die Trauer-begleitung kann so für die trauernden Familien kostenlos bleiben. Das ist deshalb so wichtig, weil in Familien, in denen Vater oder Mutter stirbt, auf die -Hinterbliebenen, neben der Trauer, oftmals große finanzielle Probleme zukommen. Nicht selten muss der verbleibende Elternteil, alleinerziehend und verwitwet, gegen den sozialen Abstieg kämpfen. „Mehr Aktion! ist der größte Förderer des TrauerZentrums“, erklärt Phillip Thies, Sozialpädagoge und Trauerbegleiter. „Wir sind dafür sehr dankbar. Ohne die Förderung könnten wir unsere Arbeit nicht machen.“ Gemeinsam mit Rebekka Ernst, ebenfalls Sozialpädagogin, leitet er das Trauerzentrum. Rebekka Ernst schildert, was es im TrauerZentrum aktuell Neues gibt: „Da bei den Jugendlichen in den letzten Monaten feste Gruppen nicht so nachgefragt wurden, wollen wir im kommenden Jahr zwei neue Angebote ausprobieren: Zum einen ein Trauerwochenende, an dem wir mit den Jugendlichen wegfahren und so eine ganz intensive Zeit mit ihnen verbringen können, und zum anderen alle zwei Monate ein Trauercafé als niedrigschwelliges, offenes Angebot. Beides für Jugendliche ab 14 Jahren, da diese einen anderen Zugang zu ihren Gefühlen haben als Kinder. Außerdem“, so berichtet Rebekka Ernst weiter, „schaffen wir zunehmend Außenkontakte zur Stadt Hildesheim und zum Landkreis und bieten so die Möglichkeit, von Trauer betroffene Schulklassen oder Kita-Gruppen und deren Lehrkräfte beziehungsweise Erzieherinnen auf der Grundlage unseres wachsenden Erfahrungsschatzes aufzuklären und zu stärken. So können wir dazu beitragen, dass den Tabuthemen Tod und Trauer zunehmend mutiger begegnet werden kann.“

Wegen der aktuellen Corona-Lage muss das TrauerZentrum seine Gruppenangebote aussetzen, doch alle Familien haben die Nachricht erhalten, dass sie sich im Bedarfsfall melden können, damit nach individuellen Begleitmöglichkeiten geschaut werden kann.