„Hast du gut geschlafen?“ oder „Was habt ihr heute in der Schule gemacht?“ – von den eigenen Kindern bekommt man meist nicht mehr zur Antwort als ein verschlafenes „Mhm“ oder ein lapidares „Unterricht“. Und doch sind es Fragen, die zum Familienleben gehören und zeigen, dass man sich füreinander interessiert. Aber es gibt auch Familien, in denen Kinder regelmäßig morgens alleine aufstehen, sich nach der Schule selbst etwas zu essen machen müssen und wo keiner da ist, der ihnen Fragen stellt oder gar Orientierung, Grenzen, ja, Erziehung bietet.
Linden-Süd ist in Hannover ein Stadtteil, der besonders betroffen ist. Hier leben viele Familien aus sozialen Randgruppen, in denen es den Eltern häufig nicht gelingt, eine grundlegende Erziehungsleistung zu erbringen. Das familiäre Umfeld der Kinder ist dann zunehmend von Armut, Kriminalität, Alkoholismus oder Drogensucht der Erwachsenen geprägt. Oftmals werden sie mehr oder weniger sich selbst überlassen, vor dem Fernseher oder Computer geparkt und verwahrlosen nicht selten. Auch Gewalt und Missbrauch spielen eine Rolle. Das führt bei den betroffenen Kindern zu psychischen Problemen und körperlichen Beeinträchtigungen wie Konzentrationsschwäche, fehlende Ausdauer, Mutlosigkeit, mangelndes Selbstvertrauen oder auch schlechten Zähnen, Haltungsschäden, Unter- oder Übergewicht durch schlechte Ernährung.
„Irgendetwas ist ja immer“ heißt es auf der Internet-Präsentation des Caritas-Kinderzentrums Allerweg. Und dann brauchen Kinder und Jugendliche eben jemanden, mit dem sie sprechen können, der für sie da ist. Und einfach nur mal fragt „Wie geht’s dir heute?“, „Wie war’s denn in der Schule?“ Neben vielen anderen Angeboten, wie der Hausaufgabenhilfe, Sport und Spiel, gibt es hier ein ganz zentrales Angebot: den „Sozialen Mittagstisch“. Dort bekommen alle Geschwisterkinder einer Familie ein gesundes Mittagsessen für nur 50 ct. Außerdem sind PädagogInnen als Ansprechpartner für sie da. Sie bauen zu den Kindern ein Vertrauensverhältnis auf und vermitteln so ein Gefühl der Verlässlichkeit, und durch das „Offene-Tür“-Angebot konnten hier schon so manches Kind von der Straße geholt werden.
Der „Soziale Mittagstisch“ wird von ca. 50 Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 14 Jahren kontinuierlich täglich wahrgenommen. Da der Bedarf gestiegen ist und ein benachbarter Mittagstisch für Jugendliche seine Arbeit im vergangenen Jahr einstellen musste, sodass die Jugendlichen nun auch vom Kindertreffpunkt Allerweg mitversorgt werden, wurde eine weitere Küchenkraft benötigt. Für die Lohnkosten der Küchenkraft kommt Mehr Aktion! seit diesem Jahr auf.
Der Kindertreffpunkt Allerweg – offen für alle Kinder, egal welcher Kultur, Herkunft, Religion und ob mit oder ohne Handicap – legt einen Schwerpunkt seiner pädagogischen Arbeit auf die Integration von Kindern, die aufgrund ihrer familiären Situation oder eines Handicaps besonders benachteiligt sind. Mehr Aktion! fördert daher in diesem Jahr zusätzlich ein Freizeitprogramm zur Tier- und Naturerfahrung. Daran nehmen beispielsweise Kinder teil wie der 13-Jährige mit leichter Hirnschädigung, ein 6-jähriges Mädchen mit starken Defiziten in Grob- und Feinmotorik oder der 11-Jährige mit geringer Frustrationstoleranz und Tendenz zu aggressivem Verhalten ebenso wie ein 10-Jähriger mit atypischem Autismus.
Die positiven Auswirkungen von Naturerfahrungen und dem Umgang mit Tieren sind therapeutisch und pädagogisch belegt. Vorbereitet wurde das Programm mit einer Waldpädagogin und wird die Kinder durch mehrere Projektbausteine führen. So werden sie u. a. den Tierpark Hannover, das Wisentgehege in Springe, den Zoo Hannover und einen Erlebnisbauernhof mit verschiedenen Streicheltieren besuchen. Die Begleitung durch die Waldpädagogin soll ihnen helfen, Zusammenhänge von Natur und Tierwelt – im wahrsten Sinne – zu begreifen.