Neue Angebote im Autismus-Zentrum Hannover

Elterncafé Curcuma- auch für Geflüchtete mit autistischen Kindern

Da herrscht ein buntes Treiben unter dem Sonnensegel und an den Gartentischen des Autismus-Zentrums (AZH) in der Bemeroder Straße 8. Eltern unterhalten sich angeregt über ihre Erlebnisse und Erfahrungen, in Ruhe, bei einer Tasse Kaffee und einem Snack – ungewohnt für die Eltern autistisch er Kinder, die hierherkommen. Der belastete Alltag lässt diese Form des „zu-sich-Kommens“ meist gar nicht mehr zu. Jüngst hört man hier auch vermehrt ukrainische Stimmen. Denn als der Krieg begann, boten sich die Strukturen des Elterncafés des Autismus-Zentrums Hannover an, auch geflüchteten Familien mit autistischen Kindern einen Willkommensort und erste Orientierungen im deutschen Sozialsystem anzubieten. 

Und während sich die Eltern bei Kaffee und Kuchen austauschen, können sich ihre Kinder auf dem großzügigen Außengelände frei bewegen, spielen – einfach sie selbst sein.

Das Elterncafé– ein inzwischen eigenständiges Angebot des AZH – richtet sich an Familien mit autistischen Kindern, die in Hannover leben. Es versteht sich als lebendiger Ort der Begegnung, Beteiligung, Information und Inspiration für Autismus-Betroffene – in einem geschützten Raum, frei von Anforderungen der Gesellschaft. Es ermöglicht Gleichgesinnten sich zu begegnen, miteinander zu reden, sich zu vernetzen und neue Kontakte zu knüpfen. Begleitet wird das regelmäßige kostenlose Angebot von AZH-Fachkräften. Diese geben Informationen, Tipps oder Hilfen, z.B. bei erzieherischen Aufgaben. Seit dem Ukraine-Krieg unterstützt das Elterncafé verstärkt auch Autismus-Betroffene, die zugleich Flüchtlinge sind. Für manche ukrainische Familien war es auf der Flucht sogar Anlass, ihre Reiseroute nach Hannover zu verlegen. Curcuma startete 2019 als Modellprojekt. Mittlerweile ist es eine etablierte Institution. Aktuell findet es im Sommer jeden Mittwoch und an jedem 1. Samstag im Monat statt. Damit es ganzjährig angeboten werden kann, läuft es in der kalten Jahreszeit als digitales Format.

Autistische Kinder benötigen viel Unterstützung im Alltag. Diese alltäglich zu leisten, fordert die ganze Familie, die dafür häufig auf eigene Kontakte, Hobbies oder Berufsperspektiven verzichtet – Eltern und Geschwister sind häufig überlastet. Viele Familien fühlen sich isoliert oder allein gelassen. Für autistische Kinder, die auch noch Krieg und Flucht erleiden mussten, sind Stress und Ängste noch viel schlimmer – es fehlen verlässliche Alltagsstrukturen. Für Mehr Aktion! war das der Beweggrund, das Elterncafé per Anschub-Finanzierung und fortan kontinuierlich zu unterstützen. Die Idee: Die Betroffenen sollen über gemeinsame Aktivitäten, Beratung und Austausch ihre eigenen Ressourcen neu entdecken.

Das Elterncafé wird mittlerweile immer mehr nachgefragt; entwickelt sich stetig weiter. Die Eltern vernetzen und organisieren sich, profitieren von ihm als Anlaufstelle für ihre speziellen Fragen oder Bedürfnisse. Aus ihnen wiederum entstehen neue Angebote, wie z.B. eine ergotherapeutische Beratung oder ein Schwimmkurs; es entstehen Freundschaften. Der Austausch zwischen Geflüchteten und deutschen Familien fördert das integrative Miteinander – so hilft Curcuma, im neuen Alltag anzukommen. Gemeinschaftsaktionen (z.B. Flohmarkt) stärken den Familienzusammenhalt. Familiencamps mit Workshops laden dazu ein, sich auszuprobieren. Das Besondere an Curcuma, gerade im Autismus-Kontext, ist die Kombination aus Fachkompetenz und niedrigschwelligem Angebot: das freiwillige sich-Einbringen, das intensive Miteinander auf der einen Seite – die flankierende Fachberatung auf der anderen Seite. Referenten aus der Sprachtherapie, der Musiktherapie, von der Beratungsstelle Autismus und der Sozialpädagogischen Familienhilfe informieren zu besonderen Themen. Gleichzeitig ermöglicht Curcuma, sich selbst einzubringen: Mittlerweile helfen sogar drei Betroffene ehrenamtlich im Café mit.