Eine Gameshow im Fernsehen: Das perfekte Paar soll gekürt werden. Doch „perfekt“ scheint hier ein dehnbarer Begriff zu sein, denn als die Quote schwächelt, geht es nicht mehr darum, welches Paar wirklich fabelhaft glücklich ist. Schnell wird das Konzept geändert und nun Paare eingeladen, die nur noch die Fassade ihrer Partnerschaft aufrechterhalten, obwohl es dahinter schon gewaltig bröckelt. „Aladin und Jasmin“ zum Beispiel, seit 10 Jahren verheiratet – in ihrer Beziehung ist der Lack definitiv ab. Oder „Bibi und Tina“ – ihre angebliche Busenfreundschaft ist längst nicht so innig, wie sie vorgeben. In der Show geht es dann drunter und drüber: Die Paare entlarven sich bei den zu bewältigenden Aufgaben, der selbstgefällige Moderator wird ständig von seiner Mutter angerufen und dann gibt es da noch eine blasierte Paartherapeutin, einen um Zuschauerzahlen besorgten Produzenten, einen mysteriösen Putzmann und weitere erstaunliche Personen. Ob es schließlich ein Happy End oder ein großes Gemetzel geben wird? Das weiß noch keiner so genau, denn es handelt sich um ein Theaterstück, das noch entwickelt wird. „Work in Process“ sozusagen. Und zwar von Schülerinnen und Schülern der IGS Leonore-Goldschmidt-Schule in Mühlenberg im Freien Theaterprojekt VorzeigBAR, das mit Theaterpädagogin Sitta Breitenfellner im Stadtteilzentrum Weiße Rose probt.
Gestartet war das Ensemble mit einem Pilotprojekt im Februar 2019. Ihr erstes Stück „Wo die schrillen Typen wohnen“, inspiriert von dem bekannten Kinderbuch „Wo die wilden Kerle wohnen“, war dann auch gleich ein großer Erfolg: Nach vier Monaten Probenzeit durften sie am 41. Jugend-spielt-für-Jugend-Festival des „jungen schauspiels“ im Ballhof teilnehmen und traten am 14. Juni im „Ballhof Zwei“ auf. Eine riesige Erfahrung. Auch der Austausch mit den anderen jungen Theatertruppen und Workshops bereicherten die Schauspielenden. Da es in ihrem ersten Stück um das Thema „Anderssein“ ging, gewannen sie den Preis der Kinder- und Jugendjury in der Kategorie „Aktualität“. Doch das war nur das Sahnehäubchen. Viel wichtiger waren die Erfahrungen und Werte, die sie in der Probenzeit gemacht, kennengelernt und gelernt hatten – beispielsweise gegenseitiges Vertrauen, Zuverlässigkeit, Offenheit und Kooperationsbereitschaft. Das stärkte ihr Selbstvertrauen und ihre soziale Kompetenz ungemein. Neben dem Spaß am Theaterspielen sicher ein Grund, warum sie unbedingt weitermachen wollten. Doch das Geld fehlte.
Theaterpädagogin Sitta Breitenfellner erläutert: „Leider gibt es immer mehr junge Menschen, die in ihrem Elternhaus viel zu wenig Anerkennung und Ermutigung erleben. Viele der Jugendlichen in der Gruppe haben zudem einen Migrationshintergrund oder stammen aus Familien, wo es kaum Berührungspunkte zu Theater oder Kunst im weitesten Sinne gibt.“ Und gerade diese jungen Menschen profitieren besonders von einem solchen Angebot. Mit der finanziellen Unterstützung von Mehr Aktion! kann nun das Projekt weiter fortgesetzt werden und sobald das vom Ensemble entwickelte Stück zur Aufführung kommt, kann man sicher erfahren, was aus den bizarren Protagonisten der TV-Gameshow am Ende geworden ist. Wollen wir einfach mal hoffen, dass es ihnen ergeht wie den jungen Schauspielenden, dass sie aus dem ganzen Theater nur lernen und bereichert daraus hervorgehen.