Die Siedlung Kiefernpfad im Sahlkamp, eingeklemmt zwischen drei Militärgeländen am Stadtrand Hannovers, war schon seit der Nachkriegszeit ein von Armut und Arbeitslosigkeit geprägtes Quartier. Damals lebten in dem Unterkunftswohngebiet Kiefernpfad fast 1000 obdachlose oder von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen, darunter viele Kinder. Auch 2018 spricht der Sozialbericht der Landeshauptstadt Hannover für den Sahlkamp insgesamt noch von 49,5 Prozent Kinderarmut. Hier wird ein Mangel an Chancen und Perspektiven sichtbar, der sich bereits über Generationen verfestigt hat. Bereits in den 1980er Jahren startete daher der Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder e. V. (VCP Hannover) das Projekt „Kiefernpfad“ mit dem Ziel, größere soziale Gerechtigkeit zu erreichen. Studentinnen bauten zunächst eine Kindergruppe auf, die sie in einer der typischen Wohnungen des Kiefernpfads – 1 ½ Zimmer für bis zu 6 Personen, fließend kaltes Wasser – betreuten. Das Projekt wurde nach und nach ausgebaut und weitere Gruppen eingerichtet, die Räumlichkeiten erweitert und wurde dann zum „Kinder- und Jugendtreff Kiefernpfad“.
Seit 1999 befindet sich dieser im Haus mit der Nummer 1. Dort setzen sich heute Martin Wendt, Sozialpädagoge und Vanessa Jünger, Erzieherin, täglich gemeinsam mit mehreren Honorarkräften und ÜbungsleiterInnen dafür ein, dass die Kinder des Quartiers alternative Erfahrungen ermöglicht bekommen. Mit ihren Angeboten aus Erlebnispädagogik, Spiel, Sport und Erkundung verfolgen sie das Ziel, dass die Kinder und Jugendlichen altersgerecht unter dem Motto „learning by doing“ erfahren, wie sie selbst wirksam sind und Einfluss auf ihr Schicksal haben können. Sie lernen, ihre scheinbar festgelegten Rollen zu hinterfragen und eigene Wünsche oder Vorstellungen auf ihrem Weg in die Welt einzubringen. In den Gruppen sind feste Beziehungsstrukturen gewachsen, die die Kinder stärken und ihnen die erforderliche Sicherheit geben, um sich Neues zuzutrauen. So entwickeln sie mehr Selbstbewusstsein, das ihnen die Chance gibt, aus der Perspektivlosigkeit auszubrechen. Neben den festen Gruppen gibt es auch ein offenes Angebot mit einem warmen Mittagessen, Hausaufgabenhilfe, Werk-, Bastel- und Spielangeboten sowie der freien Nutzung von Haus und Garten.
Die städtische Zuwendung für den Kiefernpfad wurde schon 2007 um 25 Prozent gekürzt. Seitdem sind immer wieder Teile des Projektes gefährdet, zumal die Kosten im Laufe der Jahre gestiegen sind. Im Mai dieses Jahres hätte beinahe das Gruppenangebot, mit welchem Kinder aus bildungsfernen Milieus besonders gut und erfolgreich erreicht werden können, eingestellt werden müssen. Durch eine entscheidende Hilfe für die Finanzierung der pädagogischen ÜbungsleiterInnen und Honorarkräfte durch Mehr Aktion! konnte dies abgewendet werden. Auch das Angebot der Offenen Tür profitiert von der so verbesserten Finanzlage und kann nun weiterhin Bewegungstage, Freizeitangebote wie jüngst die Budenbauwoche oder in den Ferien Zoobesuch, Erlebniswanderung ins Tote Moor und „Ein bunter Tag im Kiefernpfad“ ermöglichen. Neu hinzugekommen ist ein Familien- & Nachbarschaftscafé.
Das Schöne ist, dass somit am Weltkindertag, dem 20. September 2019 ganz entspannt das diesjährige doppelte Jubiläum im Kiefernpfad begangen werden kann: 35 Jahre „VPC Projekt Kiefernpfad“ und 20 Jahre „Kinder- und Jugendtreff Kiefernpfad“ im Haus Nummer 1.
Wir gratulieren herzlich und wünschen alles Gute!